Samstag, 25. Juli 2009

Der Fluch der Gottesbeweise (1)

In dieser Reihe werden alle bekannten Argumente für die Existenz Gottes in einfacher Sprache dargestellt und kritisch ausgewertet. Bevor man die Gottesfrage erforschen kann, müssen zunächst Gottes Eigenschaften beschrieben werden. Die folgende Beschreibung richtet sich nach der traditionellen Überlieferung des Judentums, Christentums und Islam:
  1. Gott ist einzigartig, es gibt keinen anderen Gott
  2. Gott hat weder Anfang noch Ende, er ist ewig
  3. Gott ist ein bewusstes Geisteswesen ohne Körper
  4. Gott ist vollkommen: allmächtig und allgütig
  5. Gott ist der Schöpfer unseres Universums
  6. Gott beschützt und leitet die Menschheit
Wer an den Gott mit den oben beschriebenen Eigenschaften glauben will, sollte in der Lage sein, Argumente für diesen Glauben vorzubringen. Je mehr dieser Eigenschaften wegfallen, desto unklarer und inhaltsloser wird der Gottesbegriff. Ein Gott ohne Eigenschaften hat aber auch keine Macht. Deshalb ist es sinnlos, so einen Gott anzubeten. Bevor man sein Leben also an dem Glauben an Gott ausrichtet, muss also geklärt werden, welche Argumente für und gegen die Existenz Gottes sprechen.


Teil I: Argumente aus der klassischen Philosophie

Das ontologische Argument

These: Der Begriff Gott beschreibt das Perfekteste aller Wesen. Wenn es dieses Wesen aber nicht gibt, fehlt ihm eine Eigenschaft zur Vollkommenheit. Demnach muss Gott existieren, sonst wäre unser Begriff von Gott als perfektes Wesen unzutreffend.

Kritik:
  • Etwas wird nicht wertvoller oder perfekter allein dadurch, dass es existiert.
  • Der Satz „Ein vollkommenes Wesen existiert nicht“ ist nicht logisch widersprüchlich.
  • Es ist unmöglich, allein aus der Sprache die Existenz eines Wesens abzuleiten.
Fazit: Das ontologische Argument ist ein Sprachspiel, das nichts über die tatsächliche Existenz Gottes aussagt.


Das kosmologische Argument

These: Gott als Schöpfer ist die erste Ursache des Universums.

Kritik:
  • Die Ursache des Universums kann bewusstlos oder sterblich sein.
  • Das Universum kann ewig existieren.
  • Die Entstehung Gottes selbst bleibt ungeklärt.
  • Dieses Argument belegt nicht den Gott irgendeiner populären Religion.
Fazit: Das kosmologische Argument kann lediglich zu Punkt 5) eine Aussage treffen; die Frage nach Gottes Entstehung bleibt ungeklärt.


Das teleologische Argument

These: In der Beschaffenheit der Welt ist Gottes Gestaltung erkennbar.

Kritik:
  • Die Welt könnte auch von mehreren, körperlichen Göttern erschaffen worden sein.
  • Das Leid in der Welt lässt am Wohlwollen des Gestalters zweifeln.
  • Die Wissenschaft erklärt die Entwicklung der belebten Natur durch Evolution.
  • Unwahrscheinliche Zufälle als Erklärung unseres Daseins sind plausibler als Schöpfung (die ein noch unwahrscheinlicheres Ereignis wäre).
Fazit: Das teleologische Argument wird durch das Leid in der Welt und die moderne Naturwissenschaft widerlegt.

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